Chers Confrères, chères Consœurs «Es genügt nicht, ein anständiger Mensch zu sein, man muss es auch zeigen». (Honoré de Balzac (1799 - 1850), französischer Philosoph und Romanautor). Wenn man denn weiss, wie…
Insgesamt 5 Stunden dauerte unser Anlass: Essen in Gesellschaft – Was tun? Was lassen? und es waren vermutlich die kurzweiligsten Bildungs-Stunden, die ich je erleben durfte. Der schöne Rahmen des Restaurant VIVID, elegant gekleidete und sehr gespannte Gäste, ein wunderbares Menu mit eingebauten Komplikationen (wir wollten schliesslich was lernen) und vor allem Frau Zita Langenstein – Zita the Butler – eine ungemein charmante, hoch gebildete und humorvolle Referentin - bildeten die Zutaten für einen Anlass, der uns noch lange in Erinnerung bleiben wird und der bei den Teilnehmenden das Verhalten beim Apéro, beim Small Talk, bei Tisch und bei der Konversation nachhaltig verändern könnte.
Grundlagen der Etikette sind vor allem Wertschätzung, aber auch Schutz der eigenen Persönlichkeit. Anstand und Rücksichtnahme auf Andere, gute Tischmanieren, Sorgfalt mit Gedeck, Speisen und Serviette, kommen immer gut an. Auch beim grössten Rüpel, der das aber vermutlich nicht zu erwidern weiss. Nun ja, es ist auch eine Genugtuung, sich im positiven Sinne abzuheben, natürlich ohne überheblich zu wirken.
Menschen mit guten Manieren entledigen sich vieler Kritik- und Angriffspunkte. Wer will schon gerne über sich hören, dass er isst wie ein Schw…., keine Rücksichtnahme auf Andere hat, die Teller überfüllt, das Gedeck oder die Petit Fours radikal abräumt, zu unpassender Zeit den Tisch verlässt, oder für raumfüllendes Schmatzen sorgt?
Es ist eine besondere Welt, die der Schönen und Reichen. Die, die sich Butler und Dienstboten leisten, mehr Autos besitzen, als sie fahren können, oder durch den Adelsstand unter sehr besonderen Umständen aufwachsen und Verantwortung tragen müssen. Die sich aber auch Privilegien nehmen, egozentrisch agieren und wie wir hören durften, auch nicht immer ganz sattelfest sind, was Etikette bei Tisch angeht. Wir durften zahlreiche, aber immer perfekt anonymisierte Geschichten darüber hören. Mal amüsant - mal ernst, aber immer mit Respekt und mit einer Wertschätzung vorgetragen, die nur Menschen haben, die Menschen mögen.
Was soll ich Ihnen bieten, geneigte Leserinnen und Leser, die an diesem Anlass nicht dabei sein konnten oder wollten? Einen Balanceakt mit Apéro-Glas, Serviette und Oliven? Lippenstift am Glas, oder wie er eben doch nicht dahin kommt? Acht Personen am Tisch, aber nur sechs Butter? Eine ganze Artischocke? Das Krustentier in der Schale? Fingerbowle zum Mistkratzerle? Der widerspenstigen Nudel-Zähmung? Löffelchen, Gäbelchen oder lieber doch beides beim Dessert?
Nachdem das Menu (mit Komplikationen) eine Überraschung war, soll es hier für alle verraten werden:
Amuse-Bouche
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Riesengarnele im Bouillabaisse Sud mit feinen Bandnudeln
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Rheintaler Mistkratzerli mit gebratener Polenta, kleinem Gemüse und Portweinjus
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Crême Brûlée mit Birnensorbet und Beeren
Grandios zubereitet von Mâitre Heiko Krüger und Team, charmant serviert, und das an einem Tag, an dem das VIVID eigentlich einer der wichtigen Ruhetage hatte. Was will man mehr? Wenig, aber es geht in Sachen Wertschätzung halt immer noch besser: Meine Pünktlichkeit oder meine Zuverlässigkeit, bei einer Anmeldung auch zu kommen drückt aus, dass meine Zeit so wertvoll ist wie Deine.
Vive la Chaîne!
Herzlichst, Euer Pepi Rauch, Conseiller Gastronomique